Aktuelle Urteile
Kategorie Familienrecht | 8 Beiträge vorhanden
Großzügiger Umgang - weniger Unterhalt
Mittwoch, 27. August 2014 - 23:55 Uhr | Kategorie: Familienrecht
In der Regel wird die elterliche Sorge bei Getrenntleben nach dem Prinzip aufgeteilt: der eine betreut, der andere zahlt. Auch wenn beide Elternteile die Betreuung fast hälftig übernehmen, ist der eine Elternteil grundsätzlich in voller Höhe unterhaltspflichtig. Ausgenommen sind die Fälle eines Wechselmodells, im welchem beide Elternteile jeweils 50 % der Betreuung übernehmen.
Allerdings kann eine Umgangsvereinbarung, welche über das übliche Maß von einem Wochenende alle 14 Tage hinausgeht, in zweifacher Hinsicht Auswirkungen auf die Höhe des Unterhalts bewirken.
Die zusätzlichen Kosten, welche dem unterhaltsverpflichteten Elternteil entstehen(vor allem Fahrt- und Unterbringungskosten), können dazu führen, dass der Unterhalt nach einer kleineren Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle bestimmt wird.
Die Leistungen, welche der unterhaltsverpflichtetende Elternteil anstelle des betreuenden Elternteils erbingt (z.B. erhebliche Einsparungen bei der Verpflegung oder externen Betreuung), können als Leistungen anstelle der Zahlung betrachtet werden, mit der Folge, dass der Zahlbetrag angemessen zu reduzieren ist. Dies hat der BGH in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung (Beschluss vom 12.3.2014, XII ZB 234/14) anklingen lassen.
Der Tatrichter hat jeweils individuell zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Abweichung von der Düsseldorfer Tabelle vorliegen. Daher ist es wichtig, alle Umstände vorzutragen, welche bei der Festsetzung des Unterhaltsbetrags Bedeutung haben könnten.
Umgang mit Hund nach Trennung
Dienstag, 26. August 2014 - 07:40 Uhr | Kategorie: Familienrecht
Ein Haustier wird rechtlich wie eine Sache betrachtet, dies gilt auch im Familienrecht. Daher erfolgt die Zuweisung eines Hundes nach der Trennung nach den Vorschriften zur Hausratsaufteilung.
Bei der Entscheidung sind aber Billigkeitserwägungen mit einzubeziehen. Dabei spielt eine Rolle, dass ein Tier keine Sache, sondern ein lebendes Wesen ist. Das OLG Stuttgart (Beschluss vom 11.4.2014, 18 UF 62/14) hat entschieden, dass nach einer Trennung beiden Ehegatten ein Kontakt zum Hund zustehen kann. Wenn ein Ehegatten das Haustier mitnimmt und dem anderen den Kontakt verweigert, kann dies gegen die Zuweisung an ihn sprechen - analog der Kriterien bei Entscheidungen zur elterlichen Sorge von Kindern. Denn dann fehlt diesem Ehegatten die nach einer Trennung erforderliche Binidungstoleranz.
Jugendamt muss für fehlerhafte Unterhaltsgeltendmachung zahlen
Samstag, 12. April 2014 - 09:23 Uhr | Kategorie: Familienrecht
Nebst dem Schutz des Kindeswohls kann das Jugendamt auch bei unterhaltsrechtlichen Fragen herangezogen werden. Der betreuende Elternteil kann das Jugendamt beauftragen, im Rahmen einer Beistandschaft die Unterhaltsansprüche gegen den Zahlungspflichtigen geltend zu machen und durchzusetzen - ohne Kosten für den Unterhaltsberechtigten.
Das Jugendamt hat für Fehler einzustehen, welche bei dieser Beistandschaft entstehen können. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Jugendamt einen falschen rechtlichen Weg einschlägt oder es unterlässt, den Unterhaltsbetrag regelmässig zu prüfen und ggf. höheren Unterhalt zu fordern (BGH, Urteil vom 4.12.2013, XII ZR 157/12).
Hoher Betreuungsantreil kann Kindesunterhalt verringern
Samstag, 12. April 2014 - 09:16 Uhr | Kategorie: Familienrecht
Zur Unterhaltsberechnung gibt es mittlerweile eine gefestigte Rechtsprechung. Allerdings geht diese in der Regel von der Konstellation aus, dass der eine Elternteil betreut und der andere bezahlt. Rechtlich wird dies als Unterhalt durch Betreuung und Barunterhalt genannt. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob der zahlungspflichtige Elternteil mit dem Kind gar keinen, wenig oder häufigen Umgang pflegt.
Ein regelmäßig, deutlich über das übliche Maß hinausgehender Umgang des Unterhaltspflichtigen kann aber nicht grundsätzlich außer Acht gelassen werden, wie das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung vom 6.3.2013, 2 UF 394/12, bestätigt durch BGH, 12.3.2014, XII ZB 234/13, festhält. In solchen Fällen ist der Unterhaltsbetrag in zwei Schritten abzuändern.
Im ersten Schritt wird den höheren Aufwendungen des Umgangsberechtigten Rechnung getragen, indem der Unterhaltsbetrag einer niedrigeren Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle entnommen wird.
In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob dem betreuenden Elternteil Einsparungen entstehen, z.B. indem das Kind beim Umgangsberechtigten verpflegt wird, und der Unterhaltsbetrag entsprechend zusätzlich zu kürzen.
Mindestunterhalt für Kinder geht eigener Altersvorsorge vor
Donnerstag, 06. Juni 2013 - 19:08 Uhr | Kategorie: Familienrecht
Unterhaltspflichtige können nur bis zu den Grenzen Ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zu Unterhalt verpflichtet werden. Daher steht ihnen ein Selbstbehalt zu. Dieser beträgt zurzeit (2013) bei Kindesunterhalt für minderjährige Kinder in der Regel 1.000 €.
Zusätzlich können vom Nettoeinkommen auch berufsbedingte Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten) in Abzug gebracht werden. Der BSG hat nun klargestellt, dass eine eigene zusätzliche Altersvorsorge, z.B. eine Riesterrente, vom gegenüber Kindesunterhalt für minderjährige Kinder nicht geltend gemacht werden kann. Dies entspricht dem Grundsatz, dass für den Kindesunterhalt eine "gesteigerte Unterhaltspflicht" zur Anwendung kommt und eigene Interessen hinter der Unterhaltsverpflichtung zurückstehen müssen.
- BSG, Urteil vom 30.1.2013, XII ZR 158/10 -
Berechnung des Elternunterhalts aus dem Einkommen des Ehegatten
Freitag, 26. April 2013 - 14:41 Uhr | Kategorie: Familienrecht
Der BGH hat in einem neuen Urteil (vom 12.12.2012, XII ZR 43/11) dazu Stellung genommen, wie der Elternunterhalt zu berechnen ist, wenn das unterhaltspflichtige Kind kein eigenes Einkommen erzielt, sondern vom Einkommen des Ehegatten lebt.
Auch in einem solchen Fall ist zu prüfen, ob eine Leistungspflicht besteht. Diese kann sich nur aus dem Taschengeldanspruch ergeben, welche das Kind gegen seinen Ehegatten hat. Ein Mindestanspruch von Taschengeld von derzeit 80-112 Euro bleibt unangetastet. Sofern der Taschengeldanspruch, welcher etwa 5-7 % der verfügbaren Nettoeinkünfte beträgt, darüber hinausgeht, kann er vom Unterhaltsgläubiger (i.d.R. das Sozialamt) möglicherweise beansprucht werden.
Die Leistungsunfähigkeit ist vom unterhaltsverpflichteten Kind darzulegen. Daher empfiehlt es sich, die eigenen Einkünfte und diejenigen des Ehegatten und alle möglichen Abzugspositionen genau anzugeben.
Wertermittlung einer freiberuflichen Praxis
Mittwoch, 05. September 2012 - 16:11 Uhr | Kategorie: Familienrecht
Im Zusammenhang mit der Ehescheidung erfolgt häufig ein Vermögensausgleich des während der Ehe hinzugewonnenen Vermögens beider Ehegatten (Zugewinnausgleich). Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, wie der Wert einer freiberuflichen Praxis zu ermitteln ist. Der BGH hat sich nun ein einem ausführlichen Urteil zur Wertbestimmung einer freiberuflichen Praxis geäußert und damit Unklarheiten beseitigt (BGH, Urteil vom 9.2.2011, XII ZR 40/09).
Die Bewertung einer Inhaberpraxis im Zugewinnausgleich setzt eine Verwertbarkeit der Praxis voraus. Sie setzt sich aus dem Substanzwert und dem Goodwill zusammen, ferner ist die zu erwartende Steuerlast bei einem Verkauf zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob die Praxis tatsächlich verkauft wird.
Der Substanzwert ist mit dem Wert der Vermögensgegenstände zu bemessen, der im Falle eines Praxisverkaufs auf den Rechtsnachfolger übergeht.
Der Goodwill gründet sich auf immaterielle Faktoren wie Standort, Art und Zusammensetzung der Mandan-ten/Patienten, Konkurrenzsituation und ähnlichen Faktoren, soweit sie auf einen Nachfolger übertragbar sind; er hat somit in der Regel einen eigenen Marktwert.
Der BGH verkennt nicht, dass freiberuflich betriebene Praxen regelmäßig inhaberbezogen sind. Insbesondere bei kleineren freiberuflichen Kanzleien oder Praxen, bei denen die unternehmerischen Fähigkeiten des Eigentümers Wohl und Wehe des Unternehmens bestimmen, hängt der Erfolg in erheblichem Maße auch von der Person des Inhabers ab. Gleichwohl schließt auch der objektive Wert einer freiberuflichen Kanzlei oder Praxis regelmäßig einen über den Substanzwert hinausgehenden immateriellen Wert ein. Die besondere Bedeutung des Inhabers ist in solchen Fällen jedoch bei der Wertermittlung zu berücksichtigen.
Der Marktwert des Goodwills stützt sich auf den Ertrag der letzten drei Kalenderjahre unter Abzug eines Unternehmerlohns inkl. Arbeitgeberanteile nach den individuellen Verhältnissen des Inhabers. Beim Unternehmerlohn spielt der wöchentliche Arbeitsumfang ebenso eine Rolle wie die besonderen Fähigkeiten des Unternehmers.
Der so errechnete Ertragswert wird mit einem Rentenbarwertfaktor multipliziert, welcher nach Ehedauer und weiteren Faktoren bestimmt wird, daraus ergibt sich der Goodwill.
Ehegattenunterhalt bei weiteren Unterhaltsberechtigten
Samstag, 26. Februar 2011 - 19:36 Uhr | Kategorie: Familienrecht
Der BGH hatte in letzten Jahren bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt bei zwei unterhaltsberechtigten Ehegatten den das Prinzip der Dreiteilung entwickelt. Nach dieser Berechnung bestimmt das gesamte zusammengerechnete Einkommen des Unterhaltsverpflichteten und der beiden unterhaltsberechtigten Ehegatten den den jeweiligen Bedarf der Ehegatten. Der Bedarf beider Ehegatten ist damit gleich hoch.
Anfang 2011 hat das BVerfG die Rechtsprechung des BGH gerügt (Entscheidung vom 25.1.2011). Der BGH habe eigenmächtig einen Systemwechsel eingeleitet. Damit überschreite er den Rahmen des Gesetzes, welches durch die Rechtsprechung nur ausgelegt, aber nicht verändert werden darf.
Die Unterhaltsberechnung hat nun zweistufig zu erfolgen. In einer ersten Stufe wird der Bedarf des ersten Ehegatten ermittelt. Dabei spielen alle Belastungen eine Rolle, welche schon während der Ehe vorhanden waren, also auch vor- und nachrangige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern. Unberücksichtigt bleiben später geborene Kinder. Anschließend wird auf gleiche Weise der Bedarf des zweiten Ehegatten errechnet.
Nur wenn der Unterhaltspflichtige nicht alle Unterhaltsforderungen - auch die später entstandenen - erfüllen kann, ohne seinen Selbstbehalt zu gefährden, spielt die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten eine Rolle (BGH, Urteil vom 7.12.2011, XII ZR 151/09).